Jedes Kind kann singen (lernen)! Und wer hilft ihm dabei?

Ein Gastartikel von BDG Mitglied Barbara Völkel mit abschließender Einladung zum Austausch über das Thema in der BDG AG „Gesang für Erzieher:innen“. Die Kontaktdaten finden Sie gegen Ende des Artikels.

Jedes Kind kann singen (lernen)! Und wer hilft ihm dabei?

Aus meiner Sicht verdient jedes Kind ein mit Singen begleitetes Aufwachsen, genauso selbstverständlich, wie es das Laufen und das Sprechen lernen begleitet. Doch wo ist jedes Kind von singenden Stimmen umgeben, probiert seine Kinderstimme aus, stimmt in Gesang mit ein und lernt viele unterschiedliche Lieder kennen?

Bild: Jessica Szodruch

Frühkindliche Entwicklung mit Gesang

Für uns als Gesangspädagoginnen und Gesangspädagogen ist es klar, dass musikalische Erziehung schon im Mutterleib beginnt und dass das Singen in der Kommunikation mit dem Kind schon im Säuglingsalter einen hohen Stellenwert hat. Wir beobachten mit Freude, wie es aufmerksam wird und Nachahmungsversuche unternimmt, wenn wir uns singend oder in einer erhöhten Stimmlage sprechend dem Kind zuwenden. Auch wenn es noch nicht mitsingen kann, singen wir ihm Lieder vor. Dass wir das so machen ist selbstverständlich, sind wir doch selbst damit groß geworden und kennen einen Schatz an Kinderliedern aus dieser Zeit, der sich wie von selbst wieder einstellt. Zu singen war und ist für uns unverzichtbar und die meisten von uns haben es deshalb auch zum Beruf gemacht.

Mit jedem Kind singen – Aufgabe oder Vision?

Aus meiner Sicht verdient jedes Kind ein mit Singen begleitetes Aufwachsen. Allerdings weiß ich, dass ich damit eine Vision beschreibe, denn für viele unserer Mitmenschen gehört das Singen nicht zum Alltag und deshalb singen Kinder auch im Elternhaus zunehmend seltener. Regelmäßiges Singen in der Kindertagesstätte könnte ein Ersatz dafür sein, denn die meisten Kinder besuchen diese schon im Alter von unter drei Jahren. Bestenfalls wird dort täglich gesungen, bestenfalls auch auf kindgerechte Weise. Aber „bestenfalls“ ist leider auch hier nicht die Norm.

In vielen Kitas wird selten, in manchen Gruppen gar nicht gesungen, so dass sich die Frage nach der Qualität des Singens mit den Kindern gar nicht stellt. Oft wird Musik lediglich gehört. Denn einfach so, im direkten Kontakt miteinander zu singen, ist für die meisten Menschen eine Herausforderung, besonders dann, wenn auf die Begleitung mit Instrumenten verzichtet wird. Da viele pädagogische Fachkräfte selbst eine Kindheit ohne Singen im Elternhaus erlebt haben, kennen sie aus dieser Zeit auch keine Kinderlieder. Wie kann man von ihnen erwarten, dass sie selbstverständlich Kinderlieder anstimmen, noch dazu in kindlicher Stimmlage?

Manchmal gibt es das Fach Musik in den Ausbildungsstätten für Erzieherinnen und Erzieher und manchmal wird da auch gesungen… Aber das ist dann ein Glücksfall!

Realistisch betrachtet können wir nicht erwarten, dass in den Kinderkrippen und Kindergärten das kindgerechte Singen alltagsbegleitend dazugehört. Das ist für unsere Kinder mehr als bedauerlich, zumal niemand bestreiten wird, dass Singen und Sprechen lernen zusammengehören. Sprachbildung und Sprachförderung mit Liedern und Singspielen ist optimal und gehört unbedingt in die frühkindliche Bildung, ebenso wie die das Singen begleitende Bewegung. Es ist ein Verlust für unsere Kinder und deren Persönlichkeitsentwicklung, wenn dieser wichtige Bildungsbereich nur kümmerlich oder gar nicht vorhanden ist.

Pädagogische Fachkräfte, auch im Singen mit Kindern

Die meisten Erzieherinnen und Erzieher, die eine Fortbildung im Singen mit Kindern besuchen, wollen ihr Singen im Kita-Alltag verbessern und auch inhaltliche Anregungen bekommen. Meistens singen sie gern, haben aber manchmal stimmliche Probleme und sind oft nicht genug auf die Kinderstimme orientiert. Viele sagen von sich, dass sie nicht hoch singen können.

Es ist eine besondere Aufgabe für uns Gesangspädagoginnen und Gesangspädagogen, Erzieherinnen und Erziehern Grundkenntnisse der Stimmphysiologie zu vermitteln, ihre eigenen stimmlichen Möglichkeiten entdecken zu helfen und Wege zur Erweiterung ihres Stimmumfangs aufzuzeigen. Wichtig ist die Darstellung der Unterschiede der Erwachsenenstimme zur Kinderstimme und das praxisbezogene Singen in Kinderstimmlage. Mit Spiel- und Bewegungsliedern wird das frohmachende Singen im Kita-Alltag vorgestellt und vorausgeübt.

Seit vielen Jahren bin ich in der Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern tätig und habe inzwischen einen reichen Erfahrungsschatz. Ich habe erlebt, wie diese Fortbildungen zu einer Herausforderung werden können, wenn es gilt, die Akzeptanz des kindgerechten Singens zu erreichen und zu festigen. Andererseits ist es auch immer wieder sehr beglückend zu erleben, wie über Stimmbildung und das bewegungsbegleitete Singen in der Gruppe das Vertrauen in die eigenen stimmlichen Möglichkeiten wächst. Es bereichert den Fortbildungstag, dass das gesungene Spiel und das spielerische Singen auch Erwachsene erfreut.

Das Singen als ein wesentlicher Schwerpunkt in der frühkindlichen Bildung, macht erwiesenermaßen „gute Laune“ und erleichtert den pädagogischen Fachkräften den Umgang mit der Gruppe und einzelnen Kindern im Kita-Alltag. Mit Musik und Gesang werden in Verbindung mit kindgerechter Didaktik wesentliche Bildungsziele erreicht, da die Begeisterung dafür bei den Kindern groß ist. Es gilt, das Zeitfenster dafür in den ersten sechs Lebensjahren, also in der Krippen- und Kindergartenzeit und auch noch in den ersten Grundschuljahren bis zum ca. 10. Lebensjahr, unbedingt zu nutzen!

Ein Fachbereich für den BDG

Deshalb freue ich mich, dass ich beim BDG Offenheit und Unterstützung erfahren habe, als ich anfragte, ob sich der Berufsverband für Stimmbildung und den Erwerb musikalischer und didaktischer Grundlagen für pädagogische Fachkräfte einsetzen will.

Zusammen mit Dagmar Wagner-Bischof, im Vorstand des BDG verantwortlich für das Ressort LaiKiJu (Laien/Kinder/Jugend), hat sich schon eine kleine Gruppe für eine AG „Gesang für Erzieher*innen“ zusammengefunden. Es wäre erfreulich, dieser Kreis würde sich erweitern. Ganz gleich, ob es zum Mitdenken ist oder auch um die Bereitschaft zu zeigen, in die Fortbildung von pädagogischen Fachkräften im Singen mit Kindern mit einzusteigen.

Alle Kollegen und Kolleginnen, die sich von dieser Thematik angesprochen fühlen, laden wir ein, sich bei unserem mit dem Bereich Laien, Kinder, Jugend (LAKIJU) beauftragten Vorstandsmitglied Ute Ziemer: zu melden.

 

Osnabrück, im Juni 2021

Im Namen der AG „Gesang für Erzieher*innen“

 

Barbara Völkel

Dipl. Vokalpädagogin

www.barbaravoelkel.de


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